Buchkritik: „Die Katzen von Shinjuku“ von Durian Sukegawa

Letzte Beitragsänderung erfolgte am 17.06.2024.

Ein frustrierter Texter, eine junge Kellnerin in einer winzigen Kneipe in Tokio, skurrile Nachtgestalten … und Katzen. Das sind die Protagonisten in „Die Katzen von Shinjuku“ (「新宿の猫」 / 「しんじゅくのねこ」), einem Roman von Durian Sukegawa (ドリアン助川 / ドリアン すけがわ). Worum es in dem Roman geht, erfahrt ihr in meiner Buchkritik. – Und als besonderes Extra für Japanisch-Lernende biete ich euch ein Katzen-Wortschatzrätsel!

Zum Inhalt des Romans „Die Katzen von Shinjuku“

Der 2019 in Japan erschienene Roman spielt im Tokioter Stadtteil Shinjuku (新宿 / しんじゅく), Ende der 1980er Jahre. Es ist eine Zeit, in der Immobilienspekulanten große Geschäfte machen und damit die gewachsene Struktur der Stadtviertel gefährden.

Der Erzähler Yamazaki Seita (山崎 晴太 / やまざき せいた) ist 27 Jahre alt und unzufrieden mit seinem Leben als Textzulieferer für Quizshows eines TV-Senders. Sein Mentor Nagasawa hat ihm zwar einen Job verschafft, aber eigentlich nutzt er Yamazaki nur aus und behandelt ihn schlecht. Yamazaki ist frustriert: Er arbeitet sehr viel, aber häufig für den Papierkorb und hat wegen seiner Farbenfehlsichtigkeit keine Aussicht auf eine feste Stelle mit interessanteren Aufgaben.

Zur Entspannung geht er gerne abends einen trinken im Vergnügungsviertel Shinjuku Golden Gai (新宿ゴールデン街 / しんじゅくごうるでんがい), im nördlichen Kabukichō 1-chōme.

Eines Abends findet er zufällig die kleine, enge Kneipe „Karinka“, in der die circa 20 Jahre alte Yume-chan (夢ちゃん / ゆめちゃん) als Bedienung an der Bar und in der Küche arbeitet. Die Stammgäste setzen sich aus auf den ersten Blick etwas seltsamen Gestalten zusammen.

Yamazaki beobachtet mit großem Interesse das Treiben in der Bar und erfährt nach und nach, welche Rolle die streunenden Katzen der Umgebung für die Stammgäste und insbesondere für Yume-chan spielen. Die Stammgäste nehmen ihn in ihre Runde auf und taufen ihn freundlich Yama-chan.

Aber kaum, dass er sich Yume-chan über die Katzen und ihr gemeinsames Interesse fürs Gedichteschreiben ein bisschen angenähert hat, passiert eine Katastrophe … Und er muss erkennen, dass er zwar viel beobachtet, aber kaum etwas verstanden hat.

Die Gespräche mit Yume-chan und die Erfahrungen aus der kurzen gemeinsamen Zeit haben aber eine große Wirkung auf sein weiteres Leben.

Deutsche Übersetzung

Die deutsche Übersetzung von Sabine Mangold ist 2021 im DuMont-Verlag erschienen (Hardcover: ISNB: 978-3-8321-8147-5; Taschenbuch: ISBN 978-3-8321-6620-5; E-Book: ISBN 978-3-8321-7084-4).

Über den Autor Durian Sukegawa

Durian Sukegawa (ドリアン助川 / ドン すけがわ) ist ein japanischer Autor, Dichter, Punkmusiker, Radio- und TV-Moderator und Universitätsprofessor. Er wurde am 17. Juni 1962 in Tokio geboren. Mit richtigem Namen heißt er eigentlich Sukegawa Tetsuya (助川 哲也 / すけがわ てつや).

In Deutschland dürfte er vor allem dank der Verfilmung seines Romans „Kirschblüten und rote Bohnen“ (『あん』, wortwörtlich: „Bohnenpaste“, 2013) durch die japanische Regisseurin Kawase Naomi (河瀨 直美 / かわせ なおみ) bekannt sein. Der anrührende Film ist eine japanisch-deutsch-französische Koproduktion und wurde auf mehreren Festivals gezeigt. Ende 2015 lief er auch in deutschen Kinos. Der Roman wurde in 22 Sprachen übersetzt. Auf Deutsch ist er 2022 bei DuMont erschienen (ISBN 978-3-8321-6412-6, E-Book: ISBN 978-3-8321-8909-9).

Meine Meinung zum Roman „Die Katzen von Shinjuku“

Dank des Romans taucht man in die fremde und faszinierende Welt der kleinen Bars in Shinjuku ein. Die skurrilen Figuren wachsen einem ans Herz.

Einzig die Erzählerfigur ist mir persönlich nicht besonders sympathisch. Das Interesse für Yume-chan, die Katzen und die Barbesucher beruht darauf, dass Yamazaki immer auf der Suche nach neuem Stoff für sein Schreiben ist. Zugleich möchte er sich aber moralisch über seinen Mentor Nagasawa stellen, obwohl es beiden letzten Endes nur um die Verwertbarkeit als Material für das Fernsehen geht.

Yamazaki beobachtet zwar seine Umgebung, geht aber nie in die Tiefe. Er begründet dies zum Teil damit, dass er den Menschen aus Rücksichtnahme und höflichem Respekt nicht zu nahe treten möchte. Aber die Oberflächlichkeit liegt in Wirklichkeit darin begründet, dass er seine Umwelt nur durch die Brille der Verwertbarkeit fürs Schreiben betrachtet. Deswegen bleibt die Beschreibung der Stammgäste schablonenhaft. Zudem benutzt er Yume-chan als Muse für sein eigenes Schaffen und sein berufliches Fortkommen, ohne sich für ihre Person, ihre Geschichte und ihr Talent wirklich zu interessieren. Dementsprechend überrascht ist er, als die Katastrophe passiert und sich ihm die Wahrheit hinter der Oberfläche erst nach und nach erschließt.

Aber dass mir die Erzählerfigur unsympathisch ist und ich über ihre fiktiven Handlungen und Beweggründe nachdenke, ist ja ein Qualitätsmerkmal für einen Roman. Deswegen ist dies sowohl ein Minus- als auch ein großer Pluspunkt des Romans.

Anmerkungen zur deutschen Ausgabe

  • Was mir gefehlt hat, ist ein Glossar zu den japanischen Begriffen. Denn Begriffe wie 1-chōme, 2-chōme (Einteilung in Stadtteilabschnitte) und japanische Getränke wie Shōchū-Highball (Longdrink mit japanischem Schnaps) und Hoppy (fast nicht-alkoholisches Getränk mit Biergeschmack) dürften der Mehrheit der deutschen Leserinnen und Leser unbekannt sein.
  • Wirklich hilfreich wäre ein Kartenausschnitt von Tokio mit Einzeichnung der im Roman vorkommenden Ortsbezeichnungen gewesen.
  • Sehr schade ist, dass die Druckqualität des Katzenplans auf Seite 255 sehr schlecht ist (mir liegt die Taschenbuch-Ausgabe vor). Man kann nur wenig von den Zeichnungen erkennen und die Schrift ist gänzlich unleserlich. Auch fehlt die Angabe, woher dieses Foto und der abgebildete Katzenplan stammen.

Weiterführende Informationen zu „Die Katzen von Shinjuku“

Wortschatzrätsel für Japanischlernende: Katzen – Neko (猫 / ねこ)

Du lernst Japanisch? Dann teste deine Kenntnis der japanischen Bezeichnungen für Katzen, die in Sukegawas Roman vorkommen, mithilfe der folgenden Übungen.

Anmerkungen zum Wortschatz

  • In der deutschen Übersetzung des Romans wird „Chatora“ (茶トラ /ちゃとら) mit „Tabby-Katze“ wiedergegeben. Das trifft es meiner Meinung nach nicht, weil „Tabby-Katzen“ ein Überbegriff für alle Katzen mit Fellzeichnung (Muster: getigert, gestromt, getupft und getickt) und einer M-förmigen Zeichnung auf der Stirn ist.

    Hervorhebung der M-Zeichnung auf der Stirn einer Tabby-Katze
    Hervorhebung der M-Zeichnung auf der Stirn einer Tabby-Katze (Ursprungsfoto der Bearbeitung: Pixabay, dimitrisvetsikas1969)
  • Hachiware-Katzen (ハチワレ猫 / はちわれねこ) tragen ihren Namen wahrscheinlich daher, dass ihre Stirnzeichnung an die japanische Ziffer acht erinnert: (はち). Und in der Manga- und Anime-Serie „Chiikawa“ (ちいかわ) heißt übrigens eine Figur Hachiware. – Dies als zusätzliche Tipps für das Wortschatzrätsel.

Aber nun heißt es: Viel Erfolg! – Ganbatte! (がんばって)

Hinweis zu den Rätseln

Die Übungen sind für den PC und für eine Ansicht im Querformat konzipiert. Sie funktionieren daher eventuell nicht auf Deinem Tablet oder Smartphone beziehungsweise nicht mit allen Browsern auf dem Tablet/Smartphone.

Variante 1: Drag & Drop mit Fotos

Ziehe einfach die deutsche Entsprechung in der rechten Spalte zum passenden japanischen Wort in der linken Spalte. – Wenn du alles richtig gelöst hast, kannst du über „Neue Karten geben …“ eine neue Runde mit neuen Begriffen starten.

Variante 2: Auswahlübung (Multiple Choice) ohne Fotos

Wähle in der rechten Spalte die passende Lösung aus dem Ausklappfeld aus.

Falls die Kärtchen der rechten Spalte unvollständig angezeigt werden sollten, bitte ein- oder mehrmals auf „Neue Karten geben …“ klicken oder Seite neu laden.

 

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